Es geht fulminant los: Das erste Referat befasst sich mit der Verschwörungstheorie der Chemtrails. «Chemtrails sind sehr gefährlich für uns und unsere Nachkommen», behauptet der Redner auf der Bühne. Seiner Ansicht nach bestehen Kondensstreifen nicht aus wasserdampfhaltigen Flugzeugabgasen, die in kalter Luft zu Eiskristallen werden, sondern vielmehr aus angeblich gezielt in die Luft eingebrachten, giftigen Schwermetallen.
«Chemtrails sind eine alte Verschwörungstheorie», sagt Dirk Baier. Er ist Soziologe und Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der ZHAW. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte umfassen Jugendkriminalität und -gewalt, Gewaltprävention und Extremismus. «Für einige Menschen sind Chemtrails eine Realität», so der Experte.
Das Gedankenmuster dahinter sei dasselbe wie im Mittelalter: «Sie verstehen das Phänomen der Kondensstreifen nicht und erklären es sich dann mit dunklen Mächten.» Nicht wenige seien Anhänger solcher Ideen, rund ein Viertel der Schweizerinnen und Schweizer schenke laut Studien gewissen Verschwörungstheorien Glaube. Baier ist deshalb froh, dass bislang nur ein Bruchteil der angekündigten 3000 Teilnehmenden auftauchte.
«Wer auf der Basis von einigermassen rationalen Überlegungen gegen die Corona-Massnahmen ist, will sich an dieser Veranstaltung offensichtlich nicht sehen lassen», sagt er. Es zeige zudem, dass kaum jemand genügend von Verschwörungstheorien überzeugt sei, um diese auf die Strasse zu tragen. «Die heutige Veranstaltung besteht vor allem aus ideologisch bereits stark radikalisierten Menschen.»
Quelle: 20min