Die Entspannung an den Öl- und Gasmärkten sorgt für Erleichterung an den Börsen. Der DAX erobert die Marke von 15.000 Punkten zurück. Zusätzlicher Rückenwind kommt aus den USA.
Die bisherige Börsenwoche war nichts für schwache Nerven. Zu Wochenbeginn ging es erst runter an den Aktienmärkten, dann setzte eine Erholung ein, am Mittwoch folgte der nächste Kursrutsch. Und heute legen die Börsen wieder den Vorwärtsgang ein. Der DAX gewinnt 1,7 Prozent bis zum Nachmittag und macht einen Großteil der gestrigen Verluste wett. Der deutsche Leitindex notiert nunmehr wieder klar über der 200-Tage-Linie (aktuell bei 15.029 Punkten), die als wichtiger Fingerzeig für den längerfristigen Trend gilt.
Händler verweisen auf eine Reihe von positiven Nachrichten, die den DAX antreiben. So hat sich die Lage an den Öl- und Gasmärkten etwas entspannt. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligt sich um gut ein Prozent auf 80,18 Dollar je Barrel (159 Liter). Preisdämpfend sind der Anstieg der US-Lagerbestände sowie Überlegungen der Regierung in Washington, Teile ihrer strategischen Reserven auf den Markt zu werfen. Dies könnte das Angebotsdefizit verringern, sagte Analyst Giovanni Staunovo von der Bank UBS. Wenn Russland außerdem mehr Gas nach Europa schicke, wichen weniger Versorger auf Erdöl als Energieträger aus.
Der Terminkontrakt auf europäisches Erdgas fällt um 6,4 Prozent auf 101,32 Euro je Megawattstunde. Am Mittwoch hatte der russische Präsident Wladimir Putin zusätzliche Gaslieferungen in Aussicht gestellt, um den Markt zu stabilisieren. Details nannte er jedoch nicht.
Klaus-Rainer Jackisch, HR, mit Informationen aus der Frankfurter Börse
tagesschau 12:00 Uhr, 7.10.2021
Zahlungsunfähigkeit der USA vorerst wohl abgewendet
Die sinkenden Energiepreise führen zu nachlassenden Inflations- und Konjunktursorgen. Hinzu kommt Bewegung im US-Schuldenstreit, der die Anleger erfreut. Im US-Senat liegt ein Kompromiss zur einer leichten Anhebung der Schuldenobergrenze auf dem Tisch, der die USA bis Dezember zahlungsfähig hält. Das eigentliche Problem sei damit aber noch nicht gelöst, warnte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. “Die hinter dem Schuldenstreit stehenden Differenzen zur Höhe und Finanzierung der geplanten Infrastruktur- und Sozialprogramme sind nicht ausgeräumt.”
Xi und Biden bereit zu virtuellem Treffen
Bewegung gab es auch auf diplomatischem Parkett. Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen ihren Staaten wollen sich US-Präsident Joe Biden uns sein chinesischer Kollege Xi Jinping demnächst bei einem virtuellen Treffen austauschen. Dies sei ein gutes Zeichen, sagten Marktbeobachter.
Die Wall Street setzt ihre gestrige Erholung fort. Der Dow Jones eröffnet ein Prozent fester. Ähnlich groß sind die Gewinne für den technologielastigen Nasdaq 100.
Bereits am Vortag hatte der Dow nach einer zunächst holprigen Talfahrt noch im Plus geschlossen. Der US-Standardwerteindex hatte im Tagesverlauf mehr als 500 Punkte gutmachen können.
US-Nebenwerte mit “auffälliger” Schwäche
Doch der breite Markt schwächelt. Das zeigt ein Blick auf den Russell 2000. Der viel beachtete US-Nebenwerteindex konnte sich gestern zwar von seinem Tagestief lösen, verharrte aber bis zum Handelsschluss in der Minuszone. Die Nebenwerte vollzogen also die gestrige Markterholung nicht mit. Auch Robert Rethfeld, Marktexperte von Wellenreiter-Invest, findet die Schwäche der US-Nebenwerte “auffällig”. Schließlich seien die Nebenwerte ein wichtiger Konjunkturindikator.
US-Privatanleger haben extrem hohen Aktienanteil
Zudem befinde sich der Aktienanteil der US-Privatanleger per Ende September bei 70,2 Prozent, sagte Rethfeld. Das Niveau bleibe damit historisch hoch. Ein hoher Aktienanteil gilt vielen Experten als Kontraindikator. Denn wer soll noch Aktien kaufen, wenn bereits alle über die Maßen investiert sind? Aus technischer Perspektive bleibe überdies das massive Übersteigen der Anzahl neuer 52-Wochen-Tiefs im Vergleich zu den positiven Pendants in den USA ein Makel, geben die technischen Analysten von HSBC Trinkaus & Burkhardt zu bedenken.
Deutsche Produktion bricht ein
Negative Signale für den DAX kommen indes von der Konjunkturfront. Die deutsche Wirtschaft hat ihre Produktion im August so stark gedrosselt wie seit dem April 2020 nicht mehr. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 4,0 Prozent weniger her als im Vormonat.
LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch sprach von einem “herben Rücksetzer”, der Aufholprozess sei ins Stocken geraten. “Lieferengpässe, hohe Energiepreise und Produktionsausfälle: ein toxisches Gebräu, das schon leicht nach Stagflation riecht.”
Der Euro kann heute nur wenig Boden gutmachen. Die europäische Einheitswährung kostet aktuell 1,1558 Dollar. Tags zuvor hatte die steigende Risikoaversion die Anleger scharenweise in den “sicheren Hafen” US-Dollar getrieben. Der Euro war bis auf 1,1529 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Juli 2020 gefallen.
Der starke Dollar drückt auf die Nachfrage nach Gold aus dem Nicht-Dollar-Raum. Entsprechend hat das gelbe Edelmetall bereits seit Wochen einen schweren Stand. Zur Stunde kostet eine Feinunze Gold 1761 Dollar und damit 0,2 Prozent weniger als am Vortag.
Deutschlands größter Wohnungsvermieter Vonovia hat sich im zweiten Anlauf eine komfortable Mehrheit am Rivalen Deutsche Wohnen gesichert. Zum Ende der Annahmefrist, die am Montag abgelaufen war, kam Vonovia auf 60,3 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien. Damit steht dem Zusammenschluss der beiden DAX-Konzerne nichts mehr im Wege.
Die übrigen Deutsche-Wohnen-Aktionäre haben nun von Freitag an bis zum 21. Oktober noch einmal die Gelegenheit, ihre Papiere für je 53 Euro an Vonovia zu verkaufen. Einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der ein weiteres – möglicherweise höheres – Angebot nach sich ziehen würde, haben die Bochumer für die nächsten drei Jahre ausgeschlossen.
BMW hat die Engpässe bei Halbleitern im dritten Quartal besser abfedern können als der Konkurrent Mercedes-Benz. Die Münchner Autobauer verkauften von Juli bis Ende September 593.000 Fahrzeuge aller drei Konzernmarken und damit zwölf Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Mercedes-Benz lag im dritten Quartal 30 Prozent unter den Zahlen des Vergleichszeitraums aus dem Vorjahr.
Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck hat am Nachmittag in Wörth die Fertigung seines ersten elektrischen Serien-Lkw aufgenommen. Der eActros hat eine Reichweite bis zu 400 Kilometern. Beim Übergang vom Verbrennermotor zu neuen Antrieben setzt der Hersteller auf Batterie und Brennstoffzelle.
Wer bei den Papieren von Teamviewer dem gestrigen 25-prozentigen Kurseinbruch auf eine Gegenbewegung gehofft hatte, sieht sich getäuscht. Am Nachmittag notieren Teamviewer-Aktien über acht Prozent im Minus und sind damit erneut der mit Abstand schwächste Wert im MDAX.
Der Anbieter von Software zur Computer-Fernwartung und Videokonferenzen hatte am Vortag die Anleger mit einer Senkung seiner Jahresziele geschockt und den Aktien ein Rekordtief eingebrockt.
Der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper bereitet Insidern zufolge einen Stellenabbau vor. Derzeit werde die Belegschaft informiert, sagten am Donnerstag zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Mit der Stilllegung von Kraftwerken könnten mehr als 1000 Jobs überwiegend in Deutschland betroffen sein, sagte ein Arbeitnehmervertreter.
Im SDAX sind Anteilsscheine von Nordex gefragt. Der Windkraftanlagenhersteller hat einen weiteren Auftrag aus der Ukraine erhalten. Für die Unternehmensgruppe Eco-Optima sollen die Deutschen zehn Turbinen für einen 54,6-Megawatt-Windpark liefern, inklusive eines Wartungsauftrags über 15 Jahre.
Der US-Autobauer GM will mit neuen Elektroautos und digitalen Dienstleistungen Tesla Paroli bieten. Bis 2030 solle sich der Umsatz verdoppeln, die Vorsteuerrendite bei zwölf bis 14 Prozent liegen und General Motors Marktführer in den USA für Elektroautos werden, sagte GM-Finanzchef Paul Jacobson bei einem Kapitalmarkttag. GM ist an der Börse derzeit nur etwa ein Zehntel so viel wert wie Tesla.
Der US-Kurznachrichtendienst Twitter verkauft die auf mobile Werbung spezialisierte Firma MoPub für 1,05 Milliarden Dollar in bar. Käufer ist der Handyspiele-Anbieter AppLovin. Twitter hatte MoPub 2013 für knapp 350 Millionen Dollar erworben. AppLovin war im April an die Börse gegangen. MoPub erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 188 Millionen Dollar.
Levi Strauss profitiert von der steigenden Nachfrage nach neuer Bekleidung infolge der Rückkehr von Beschäftigen ins Büro. Für das dritte Quartal verbuchte der US-Jeanskonzern einen bereinigten Gewinn von 48 Cent je Aktie. Analysten hatten dagegen nur mit 38 Cent je Anteilschein gerechnet. Levi Strauss war im März 2019 nach mehr als 30-jähriger Abwesenheit an die Börse zurückgekehrt.
Rivalen des weltgrößten Suchmaschinenanbieters Google haben an die EU appelliert, die Macht des US-Technologiekonzerns stärker einzuschränken. In einem gemeinsamen Brief forderten die rivalisierenden Suchmaschinenfirmen Ecosia aus Deutschland, DuckDuckGo aus den USA sowie Qwant und Lilo aus Frankreich EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager auf, die neuen Regelungen zur Kontrolle großer Technologiekonzerne dazu zu nutzen, neue Vorgaben für Suchmaschinen einzuführen. Dadurch solle mehr Wettbewerb entstehen.
Quelle: Tagesschau